Dating war gestern – Ist THE ZONE die Zukunft?

Was waren das nur für Zeiten. Man saß in einem netten Café, genoss einen warmen schaumigen Cappuccino und am Tisch gegenüber lächelt einem eine nette Dame verstohlen in die Augen.
Das Erwidern des Blickes und ein nettes Lächeln zurück suggerieren, dass ein gewisses Interesse oder zumindest eine Sympathie beiderseits besteht. Im besten Fall kommt es zu einem Gespräch und es werden die Kontaktdaten ausgetauscht, um sich ein weiteres Mal zu treffen.

Es ist etwas Echtes, etwas Wahres zwischen zwei Menschen, die sich im realen Leben begegnet sind.
Heutzutage sieht man Begegnungen dieser Art leider nur noch sehr selten.
Das Internet und seine grenzenlosen Möglichkeiten haben den zwischenmenschlichen Kontakt nicht nur zunehmend unpersönlicher gemacht, er wird auch mehr und mehr von Algorithmen und Softwaresystemen gesteuert.

Plattformen wie Facebook und Instagram wissen mittlerweile besser was dir gefällt, als du selbst. Du hast ein digitales Profil deiner Persona das lediglich aus Einsen und Nullen besteht.
Mit unseren Social Media Accounts sind wir zwar transparent einsehbar für die Seitenbetreiber an sich, dennoch haben wir die Möglichkeit der Welt da draußen die Version von uns zu zeigen, die wir gerne sein möchten.
Das Ganze beschränkt sich aber nicht nur auf die klassischen Sozialen Netzwerke. Das Kennenlernen im Dating Kontext wird auch zunehmend unpersönlicher.
Die Fassade der vermeintlichen Anonymität lässt eine gesunde und normale zwischenmenschliche Begegnung nur noch sehr schwer zu. Mit dem Herunterladen einer App und wenigen Knopfdrücken bekommen wir einen Pool von Singles vorgesetzt, welche vermeintlich dasselbe suchen wie du.

»Hinter ihr erleuchteten, langsam nacheinander hell werdend, kräftig und
in neon-farben dargestellte Buchstaben aus violetten LEDs:

WELCOME TO THE ZONE

In einem geübten Schwung richtete sich Amelia in Sitzstellung auf. Sie nahm ihr Handy vom
Nachttisch.
Ladys and Gentlemen, wie versprochen ein Geschenk an Euch! Ein Geschenk für die
Loyalität zu mir. THE ZONE! THE ZONE ist meine Antwort auf cyber-physisches erotic-gaming, die nächste Stufe des Entertainments.
Das nächste Level der erotischen, grenzenlosen Freiheit. Dating war gestern, zone-ing ist
die Zukunft!…«

In diesem Buchausschnitt wird auch deutlich gemacht mit welcher Begeisterung und Freude der technologische Fortschritt bezüglich des Dating gefeiert wird.
Und es hat natürlich auch sein Gutes. Wir haben die Möglichkeit mit wenigen Knopfdrücken Millionen von Menschen zu erreichen, sie kennenzulernen, ihre Vorlieben zu erfragen und Gemeinsamkeiten zu finden.
Mit THE ZONE wird dieses Prinzip mit einer sehr viel ausgefeilteren Künstlichen Intelligenz verdeutlicht. Die Frage für unsere Gesellschaft ist in dieser Fiktion jedoch, ob wir uns entwicklungstechnisch überhaupt noch allzu weit von diesem Stand entfernt befinden?

Dementsprechend stellt sich auch die Frage danach, wo sich dabei die realen Gefahren für uns verbergen. Wir sind zum Teil transparent, aber dann doch anonym genug, um uns ein Profil um uns herum zu errichten, welches entweder nur zum Teil der Wahrheit entspricht oder komplett fiktiv ist.
Diese grenzenlosen Möglichkeiten in der Anonymität können für den Ein oder Anderen interessant, aufregend oder sogar befreiend sein. Doch birgt dies nicht auch seine Gefahren? Weißt du denn tatsächlich, mit wem du schreibst? Weiß die Plattform auf der du aktiv bist, möglicherweise mehr über dich als dir lieb ist?

Die Anonymität beim Online Dating stellt für uns eine erhebliche Gefahr dar, auch wenn wir diese oft nicht wahrnehmen. Damit ist nur bedingt gemeint, dass dein nächstes Date ein geisteskranker Mörder sein könnte. Allein die psychologischen Aspekte der Abkapselung und dem Gefühl der Einsamkeit in dieser Welt voller Reize und Besonderheiten kann für uns schädlich und sogar psychisch und physisch gefährlich sein.

Der Buchausschnitt verdeutlicht ebenso ein weiteres Thema was das Dating im Vergleich zu früher fast schon langweilig erscheinen lässt. Das Herausfinden von Vorlieben und Gemeinsamkeiten im sexuellen Sinne ist etwas, was man mit der Zeit gemeinsam erfährt. Apps wie THE ZONE nehmen dies im Vorfeld schon vorweg.
Wir werden ausgelesen wie Maschinen und mit dem passenden Komponenten kombiniert. Damit ist zwar von vorn herein klar, dass man beispielsweise sexuell kompatibel ist, dennoch nimmt es uns die Möglichkeit dies herauszufinden und gemeinsam zu erfahren, was bei einem normalen und gesunden Kennenlernen eigentlich der Fall wäre. Nimmt dies uns also einen Teil der Menschlichkeit?

In unserer realen Welt sind Apps ebenfalls bereits auf dem Stand, dass diese uns Menschen vorschlagen, die in unser “Beuteschema” passen. Das kann auf Grund vom Nutzerverhalten geschehen oder natürlich auch durch das Angeben von Interessen und Vorlieben.
Damit werden wir in eine Art Bubble befördert, was einen Austausch zwar möglich macht, dieser aber zunehmend einseitiger wird, da wir durch die Algorithmen Menschen vorgeschlagen bekommen, die unsere Interessen und Vorlieben am besten zu 100% teilen. So bekommen wir zunehmend weniger neuen Eindrücke, was für unsere menschliche Entwicklung besonders in jungen Jahren sogar schädlich sein kann.

Die Auswirkungen unserer technologischen Entwicklung - Fiktion oder Realität?

 

»…Nun, ich will euch nicht länger auf die Folter spannen. Eure Bedürfnisse werden mit dem
Verlangen der anderen zone-member überlagert. Eine künstliche Intelligenz übernimmt
hierbei auf noch nie dagewesene Art und Weise das Auswahlverfahren des Datings. Sobald
ein Matching stattgefunden hat, werden euch challenges zugewiesen. Jede challenge ist auf
das individuelle und persönliche Sexologramm aufgebaut. Das Sexologramm ist das zu euch
gehörende Spiegelbild der tiefsten sexuellen Bedürfnisse. Es ist der Blueprint. Sobald ihr
challenges abgeschlossen habt, werdet ihr euch durch ein Punktesystem in die nächste
Zone arbeiten können«

Anhand dieses Buchausschnitte sehen wir sehr klar, wo oder wie so etwas enden kann. Hierbei werden Menschen vollautomatisch von einer Künstlichen Intelligenz für kompatibel befunden und zusammengeführt. Durch die Bewertung des Punktesystems wird auch klar erkennbar wie stark menschlicher Kontakt quantifiziert wird.
Das Gefährliche dabei ist halt, dass wir einem Computerprogramm die komplette Kontrolle über uns und unsere Entscheidungen geben würden. Wir lassen also wichtige Teile unserer Menschlichkeit von einer Maschine bestimmen. Ob das so eine gute Idee unseres technologischen Fortschrittes ist?

Ein ganz wichtiger Punkt, der auch auf unsere reale Welt angewendet werden kann, ist die Abhängigkeit dahinter. Da es ja praktisch Jeder macht, müssen wir dabei mitziehen, da wir ja ansonsten nicht mehr die Möglichkeit hätten, jemanden kennen zu lernen.
Sind wir sogar schon soweit, dass es als Belästigung ausgelegt werden könnte, Menschen freundlich auf der Straße anzusprechen?

Fühlen wir uns daher sogar schon gefühlt gezwungen, uns mit der digitalen Welt weiter zu helfen, um nicht allein zu sein?Das Paradoxe daran ist jedoch, dass viele Studien bezogen auf diese Beispiele aber dennoch zeigen, dass sich viele Menschen einsam und alleine fühlen.Die Frage ist, wieso ist das so? Eine mögliche Antwort darauf könnte sein, dass uns zwar soziale Medien und auch Dating Apps zu einem gewissen Teil miteinander verbinden, jedoch
nur das von uns was wir eben auch preisgeben möchten.
Da jeder im Internet so gut wie möglich wirken möchte, sind es zum Teil gar nicht wirklich wir
die hinter dem perfekten Instagram Profil stecken. Es ist nur unsere digitale Persona.
Erschaffen auf dem öffentlichen Druck fast schon perfekt zu wirken, weil es jeder ist?

Damit wird es uns gefühlt unmöglich andere Menschen über diese Wege wirklich und echt
kennen zu lernen, da wir ja selber nur ein fiktives Profil unserer Persönlichkeit erschaffen
haben. Sind wir uns dieser Konsequenzen wirklich bewusst?

Doch wohin könnte uns all das führen?

Wie wir ja mittlerweile wissen, sind viele Technologien und Szenarien, welche ursprünglich in der Science Fiction erdacht wurden, mittlerweile Realität.
Mit THE ZONE könnte es uns ähnlich ergehen und das ist nicht mal so weit hergeholt.
Unsere eigene Einsamkeit kann uns an den Punkt bringen, an dem wir bereit sind noch mehr von uns aufzugeben, als ohnehin schon. Sodass eine Künstliche Intelligenz die Kontrolle über uns und unser Leben übernehmen könnte. Entscheidungen und Partner für uns auswählt und uns einen Teil der Menschlichkeit nimmt.
Wenn es so weit ist, können wir nur hoffen, dass diese Art der Technologie es gut mit uns
meint. Denn wir können uns selbst heutzutage mit unserem aktuellen Kenntnisstand nur
bedingt ausmalen, was daraus resultieren könnte.